900 Zuschauer erleben das 15. Bergfilm-Festival im Steinbruch Gaudlitzberg

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Thallwitz/Röcknitz. 900 Bergsportfreunde und Filmfans aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg waren am Wochenende zum Röcknitzer Gaudlitzberg gepilgert. Viele reisten mit Sack und Pack, Kind und Kegel zum 15. Bergfilm-Festival an. Die Jubiläumsfete wurde ihrem Ruf als gut organisierte, aber dennoch entspannte Paradenummer erneut gerecht. Wir wissen es jetzt: Beim Stichwort Nähmaschine denkt ein waschechter Kletterer eher an nervöses Muskelzucken im Bein als alles andere. Einem Vogtländer trug dieses Insiderwissen beim Gewinnspiel ein großartiges Expeditionszelt ein. Aber auch sonst hatte die Leipziger Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV) mit Unterstützung des Naturparks Muldental das abendfüllende Filmprogramm rundum mit neuen Ideen und vielen Extras für Jung und Alt dekoriert.

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Gespannte Aufmerksamkeit: Anne Hamker aus Leipzig hat es bis in das Finale des 1. Gaudlitzer Boulder-Cup geschafft. Die Vorrunde fand am natürlichen Quarzporphyr des Steinbruches statt, das Finale dann an einem künstlichen Brocken, an dem auch zweimal um die Ecke geklettert werden musste. Fotos: Klaus Peschel

Festivalkoordinator Peter-Hugo Scholz freute sich darüber, dass erstmals die Herausforderung eines Boulderparcours lockte und die Leipzigerin Dorothea Alder dem Ruf in den Steinbruch gefolgt war, um in einer Märchenstunde Berggeister zu beschwören. Novum am Gaudlitzberg: Die Seilbahn, bei der besonders Jungen und Mädchen wie die fliegenden Füchse mit 60 Stundenkilometern glücklich über die Köpfe der Zuschauer hinweg segelten. „Aufregend, Adrenalin pur“, kommentierte Walter Wend die Schussfahrt. Der Vater des elfjährigen Röcknitzers legte derweil Steaks und Bratwürste auf den Grill. „Am liebsten wäre ich wieder umkehrt, als ich oben stand, aber dann hab‚Äò ich es durchgezogen“, bekannte Sarah Richter stolz, deren Papa den Shuttle-Trecker zwischen Parkplatz und Steinbruch in Bewegung hielt. Auch der Heimatverein Röcknitz zeigte in türkisblauen Shirts Zusammengehörigkeit und sahnte beim Ski-Fahren-ohne-Schnee Preise ab – einer Übung, die einem Quartett Humor, aber vor allem koordiniertes Bewegen abverlangte. Als Magnet erwies sich die 22-Meter-Wand. „Nicht ganz einfach, Stufe drei, fast senkrecht, die Griffe und Tritte sind ziemlich weit auseinander“, kommentierte Denis Thomas vom DAV die sportliche Herausforderung am Fels.

Schon der Leinwand-Auftakt am Freitagabend war viel versprechend: Der österreichische Extremkletterer Beat Kammerlander begeisterte mit eindrucksvollen Bildern seiner sportlichen Biografie bis zur Wiederholung seiner Tour auf der Bürser Platte – dem atemberaubenden Alleingang an einer 40-Meter-Wand. „Wenn man die Leidenschaft hat, etwas Gefährliches zu unternehmen, kann man sich nicht auf Glück verlassen, sondern aufs Gefühl, seine Erfahrungen. Das Risiko muss kalkulierbar bleiben“, sagte Kammerlander, der mit 54 Jahren noch topfit ist, gegenüber dieser Zeitung.

Die fünf Wettbewerbsfilme am Sonnabend warfen höchst unterschiedliche Schlaglichter auf die Leidenschaft, aus eigener Kraft am Fels ganz nach oben zu kommen. Der Humor sächsischer Bergsteiger blieb den Zuschauern dabei ebenso nachdrücklich in Erinnerung, wie etwa berührende Bilder vom Alltag in Afghanistan, wo regionale Bergsteiger „7000 Meter über dem Krieg“ auf dem Hindukusch ihre Flagge hissten. Für Peter-Hugo Scholz war der Streifen von Bertrand Delapierre erste Wahl, der einen Spitzenkletterer auf einer überwältigenden Route in China begleitete. Das Publikum jedoch erkannte die Trophäe aus dem Atelier des Bennewitzer Designers Jochen Ziska „Circus Maximus“ Thorsten Kutschke zu. Der Dresdner hatte festgehalten, wie Robert Leistner eine grandiose Nordwand in Sachsen meisterte. Der Filmer war in Röcknitz früher aufgebrochen, um sich auf den Weg zum Matterhorn zu machen. Vorher hatte er dem Publikum versprochen, sich seinen Preis nach der Bergsteigertour mit dem Fahrrad im Steinbruch abzuholen, falls er mit seinem Streifen den Vogel abgeschossen habe.

Auch der Golzerner Bildhauer Uwe Bucher, der im Vorjahr den Filmpreis schuf, hatte als Vater eines Neunjährigen allen Grund stolz zu sein: Sein Sohn Carl Neo war am Vormittag ganz unaufgeregt mit Kletterikone Beat Kammerlander in die Wand gestiegen und dabei vom mdr-Sachsenspiegel interviewt worden.

Text: Ingrid Leps