16. Bergfilm-Festival im Röcknitzer Steinbruch Gaudlitzberg
Thallwitz/Röcknitz. Menschen aus dem stillen asiatischen Tal und aus dem Westen finden zusammen, um zu klettern. Das ist die berührende Botschaft eines Streifens, der am chinesischen Getu-River vor einem grandiosen Felsbogen gedreht wurde. Dem Franzosen Vladimir Cellier gelang es damit, beim Bergfilm-Festival, das am Sonnabend in seine 16. Runde ging, in der Zuschauergunst zumindest auf Platz zwei zu landen – hinter einem beeindruckenden Abenteuer sächsischer Risskletterer im Böhmischen.
Auch die Begegnung von Sportlern und Naturfreunden im respektablen Naturtheater am Gaudlitzberg hat ihre eingeschworene Fangemeinde. Sie lockt aber immer wieder Debütanten an, die per Buschfunk vom sächsischen Steinbruch-Kino mit gut organisiertem sportlich-familiärem Umfeld Wind bekommen haben. Nicht selten weckt auch Filmemacher Peter-Hugo Scholz Neugier auf den naturverbundenen Geheimtipp unter Regie des Leipziger Alpenvereins (DAV). Als künstlerischer Leiter des Festivals hat er bereits die unglaublichsten Leute zusammengebracht und so das Festival facettenreich und ganz speziell gemacht.
So lernte er bei Dreharbeiten in Thüringen Andreas Ziebell und seine Frau Birgit kennen, die das erste deutsche Wilderermuseum aufgezogen haben. Im November lief sein MDR-Beitrag „Beute ohne Reue“ und am Wochenende machten sich die beiden Thüringer erstmals vom heimischen Gehlberg auf den Weg zum Gaudlitzberg. Ziebell faszinierten die Tatortbilder, die sein Großvater 1909 als Fotografen-Lehrling vom Mord an einem Förster geschossen hatte. Der Grünrock war einem Wilderer vor die Flinte gelaufen. Der Kriminalist recherchierte den Fall akribisch und inzwischen feierte das Museum sein zehnjähriges Bestehen.
Steinbruch-Premiere hatte die Schweizerin Thais Odermatt gleich in doppeltem Sinne: Ihr Dokumentarfilm „Kurt und der Sessellift“ war der erste Wettbewerbsbeitrag des Abends. Die 34-Jährige porträtierte vor ihrer Haustür in Luzern humorvoll und sensibel den Mann, der die Lift-Anlage für Wintersportler mit hohem persönlichen Einsatz am Laufen hält. Auch mit den Ziebells hatte die Filmemacherin bei ihrem ersten Abstecher zum Gaudlitzberg gleich ein gemeinsames Thema. Mit der Wilderei kennt sie sich aus. Einer ihrer Filme schilderte schicksalhafte Verstrickung im Spannungsfeld der illegalen Jagd auf Gämsen, Steinböcke und Rehe in ihrer Heimat. Mit seinem Koffer war Volker Beer ebenfalls ein Festival-Neuling. Der promovierte Forscher will als Naturschutzreferent des DAV Neugierige von neun bis 90 für das Abenteuer Umwelt interessieren und bietet dabei auch Becherlupen auf. Er setzt jedoch nicht auf fertige Präparate, sondern auf das, was den Jungen und Mädchen im Steinbruch in die Schmetterlingsnetze ging. Da – so sein selbst ausgetüfteltes Konzept – lohne sich das Angucken, Abmalen und Recherchieren besonders. Das Angebot traf ganz offensichtlich zwischen Bouldern, Slacklinelauf, Bierkastenklettern und Seilbahn genau den Nerv jüngerer Besucher. Noch ganz von Bergerlebnissen erfüllt waren auch zwei weitere Debütanten im Steinbruch. Gunther und Ute Tröbs hatten erst den Ararat bestiegen und standen am 13. August morgens 6.30 Uhr mit ihren beiden Kindern im Teenageralter ergriffen auf dem 5165 Meter hohen, von biblischen Geschichten umrankten Gipfel. „Tolle Sache, so viele Helfer, wir finden es phantastisch und kommen nächstes Jahr bestimmt wieder“, lobten die erfahrenen Leipziger Bergwanderer das heimische Festival am Gaudlitzberg.
„Märchen machen Mut. Wenn man einen Traum im Auge behält, dann wirder Wirklichkeit“, ist Erzählerin Dorothea Alder, die in einer stillen Ecke des Steinbruchs Zuhörer um sich scharte, von der Magie ihrer Materie überzeugt. Das älteste deutsche Freiluft-Festival für Bergfilme begeisterte am Wochenende erneut um die 700 Besucher und gibt ihr damit unbedingt recht.
Von Ingrid Leps